Keine Berührungsängste!

Im Kreuz ist Heil.
Im Kreuz ist Leben.
Im Kreuz ist Hoffnung.

In den letzten 4 Wochen durfte ich die Kreuzverehrung von vielen Menschen miterleben:
Am Karfreitag feierten sehr viele Gläubige gemeinsam mit uns Mönchen in der großen Liturgie das Leiden und Sterben Jesu Christi und verehrten in besonderer Weise, begleitet von den heiligen Gesängen der Kirche, das Kreuz als Zeichen unserer Hoffnung, unserer Befreiung, unserer Erlösung.

Am Freitag der Osterwoche kam es zu einer sehr bewegenden ökumenischen Begegnung mit den Brüdern und Schwestern der griechisch-orthodoxen Metropolie in Wien. Nach der gesungenen Vesper im Heiligenkreuzer Hof trugen Seine Eminenz Metropolit Arsenius und der HH. Abt Maximilian gemeinsam in einer Prozession die Kreuzreliquie in die Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Dort gab es dann eine mehrstündige Gebetsvigil bis Mitternacht, die vom Chor der griechisch-orthodoxen Metropolie und der Choralschola des Stiftes Heiligenkreuz gestaltet wurde. Ein wirklich ökumenischer Lobpreis auf das Zeichen unserer Erlösung.

In der 2. Osterwoche besuchten uns die Schwestern der seligen Mutter Teresa, um mit uns zu beten und das Kreuz zu verehren. Diese Schwestern strahlen eine echte Freude aus, die geläutert ist durch das Leid der Welt, dem sie täglich begegnen. Sie haben eine besondere Liebe zu Christus, der vom Kreuz ruft: „Mich dürstet!“ Die Schwestern wollen durch ihren Dienst, den Durst Jesu nach Seelen stillen, indem sie den Ärmsten der Armen ihre Liebe schenken. In der Begegnung mit diesen Ordensfrauen ist ganz deutlich gewesen, dass sie Christus in sich tragen und dass sie Christus ausstrahlen.

Eine ganz besondere Feier war im heurigen Jahr der barrierefreie Kreuzweg im inneren Stiftshof. Am Schmerzensfreitag, dem Freitag vor Palmsonntag, hatte die KMB Heiligenkreuz zum 4. Mal dazu eingeladen. Die Einladung richtet sich vor allem an behinderte Menschen, die unseren Kreuzweg mit den vielen Stiegen nicht gehen können.

Durch den Einsatz der Männer der KMB und ihrer Helfer war alles sehr gut vorbereitet, sodass bei herrlichem Wetter viele Menschen – mit und ohne erkennbarer Behinderung – gekommen sind. Die Leitung des Kreuzwegs hatte Msgr. Dr. Bernhard Mucha, der den Leidensweg des HERRN mit Meditationen begleitet, in denen er auf sehr persönliche und dadurch überzeugende Weise die Passion Jesu mit den Leiden der Menschen unserer Zeit verbunden hat. Abt Maximilian trug die Kreuzreliquie und gab zum Schluss den Segen über alle, die gekommen waren.

Die Begegnung mit dem Kreuz Jesu fand zunächst in den Meditationen der 14 Kreuzwegstationen statt. Nach dem Kreuzweg bestand dann die Möglichkeit, das Kreuz durch einen Kuss, durch Berührung mit der Hand und durch Auflegung auf die Stirn zu verehren.

Immer mehr mache ich dabei die Erfahrung, wie wir von Menschen, die in ihrer Lebensweise eingeschränkt oder behindert sind, lernen können, dass das Kreuz ein Zeichen der Sehnsucht und der Hoffnung ist. Die Menschen, denen ich am Schmerzensfreitag das Kreuz zur Verehrung reichen durfte, waren Menschen, die in ihrem Leiden einen Sinn erkennen, die ihr Leiden nicht für sinnlos halten. Sie geben ihrem Leben und ihrem Leiden einen tieferen Sinn, indem sie ihr Leiden annehmen und es mit dem Leiden Jesus Christi verbinden.

Es waren keine traurigen und verbitterten Menschen, denen ich am Schmerzensfreitag begegnet bin. Es waren erlöste, befreite, im eigentlichen Sinne österliche Menschen. Es waren Menschen, die den Sieg des Lebens bezeugt haben. Wir alle sollten ihnen dankbar für dieses Zeugnis des Lebens sein. Allen eine gesegnete Osterzeit und ein frohes Pfingstfest. Der HERR ist auferstanden. Halleluja.

 P. Simeon